Einkommen­steuer­erklärung nach Master-Studium

(This blog post will be in German b/c it’s about a particular situation of filing taxes in Germany.)

Da es zu den Themen Werbungskosten, Einkommensteuererklärung während/nach dem Studium, usw. reichlich Informationen von gut informieren Quellen gibt, will ich hier nur auf die Punkte eingehen, die ich bei meiner eigenen Recherche vermisst und schlussendlich selbst in Erfahrung gebracht habe. Das wären zum einen ein paar wenige grundlegende Aspekte, und zum anderen ein paar sehr spezielle Aspekte, die wahrscheinlich ohnehin nur auf sehr wenige zutreffen. Im Folgenden etwas Vorgeplänkel und dann zu beiden Kategorien ein paar hoffentlich nützliche Infos.

Vorgeplänkel / Kontext

  • Meine Situation: (1) Bachelor-Studium → (2) Master-Studium inkl. zwei von der Uni angebotene aber extrakurrikulare Auslandsaufenthalte → (3) Anstellung als Doktorand. Während des Studiums hatte ich mich nie mit dem Thema Steuern befasst, also auch nie eine Einkommensteuererklärung abgegeben.
  • Der Plan: rückwirkend soweit es geht/sich lohnt Verlustvorträge geltend machen.
  • Die große Frage: selbst machen oder einen Steuerberater heranziehen?

Hauptargument dafür, die Steuererklärung(en) selbst zu machen, ist das altbekannte give a man a fish / teach a man to fish—wenn ich mal weiß wie es geht kann ich es fortan ja selbst machen. Auf der anderen Seite ist die Übergangssituation von Studium zu Beruf ja eine spezielle; und zudem im Hinblick auf meine Auslandsaufenthalte womöglich (a) komplexer als was mich in den kommenden Jahren bei der Steuererklärung erwarten wird, und (b) durch einen Fachmann voraussichtlich weitaus gewinnbringender umsetzbar als durch jemanden, der gerade seine erste Steuererklärung abgibt.
Im Endeffekt hab ich mich für Herausforderung+Kompetenzgewinn und gegen vermeintliches finanzielles Plus entschieden. :)

Grundlegende Aspekte

Dinge, die ich online als nicht allzu prominent kommuniziert empfunden, oder die ich im Endeffekt selbst herausgefunden habe.

  • Die Software ElsterFormular ist deprecated1, also lohnt es sich direkt mit der Web-Version (Mein ELSTER) einzusteigen.
    1„ElsterFormular wird Ihnen letztmalig im Jahr 2020 […] zur Verfügung gestellt.“ (Quelle)
  • Belege können (zumindest in BW) ohne Probleme elektronisch ein-/nachgereicht werden. Vorgehen:
    • In der Einkommensteuererklärung einen Haken beim Punk Belege werden nachgereicht setzen.
    • Versandbestätigung im Elster-Postfach bekommen.
    • Auf der Webseite des Finanzamts über das Kontaktformular die Belege unter Angabe des Ordnungskriteriums (was die versandte Einkommensteuererklärung identifiziert) einreichten.
      Beispieltext:

        <Briefkopf>            
      
        Identifikationsnummer: 11 222 333 444
              
        Sehr geehrte Damen und Herren
        zu den von mir am dd.mm.yyyy elektronisch übermittelten Steuerdaten (Ordnungskriterium 1a2b3c4d5e6f7) sende ich Ihnen die beiliegenden Erläuterungen und Belege in den folgenden Anlagen.
              
        <Auflistung der Anlagen>
              
        <MfG>
        <Seitenumbruch>
        <Rest der PDF>
      
  • Geldbeträge müssten in Euro angegeben werden. Beim Bundesfinanzministerium gibt es hier für jedes Jahr eine Tabelle, in der pro Monat und Währung der jeweils gültige Umrechnungskurs angegeben wird. (Da steht zwar Umsatzsteuer-Umrechnungskurse drauf, bei meinen Umrechnungen von Yen auf Euro basierend auf den Werten wurde allerdings nichts beanstandet.)
    Beispielangabe in der Steuererklärung:

      Bezeichnung: Sprachprüfungsgebühr Kanji-Kentei ((2*2000 Yen)/130,86)
      Wert: 31
    
  • Für in fremden Sprachen vorgelegte Dokumente kann eine Übersetzung gefordert bzw. auf Kosten des Vorlegenden vom Finanzamt beauftragt werden (§ 87 AO). Ich habe all meine japanischen und englischen Belege selbst übersetzt—war offenbar ausreichend.
  • Voraussetzung für eine doppelte Haushaltsführung bei Auslandsaufenthalten ist, dass man im Heimatland weiter Miete zahlt. Wer also sein Hab und Gut für lau im Elternhaus parkt und nur im Ausland Miete zahlt, hat keine doppelte Haushaltsführung.

Fremdsprachenerwerb und Werbungskosten

Wie oben bereits durch Sprachprüfungsgebühr Kanji-Kentei angeteast, wird es ab hier spannend, aber auch sehr speziell. YMMV

Werbekosten sind Kosten zur „Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen“ (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG). Kein Problem im Falle meines zweiten Auslandsaufenthalts. Forschungspraktikum am NII; für die Beantragung des Urlaubssemesters damals hatte ich sogar schon ein Dokument der Studienkoordination in dem es heißt: „Das Praktikum wird von uns als dem Studium förderlich und dem Studienziel dienlich angesehen“. Interessant wird es aber bei z.B. Gebühren für Japanisch-Sprachprüfungen, vor allem aber bei den Ausgaben für den ersten meiner Auslandsaufenthalte. Zwei Semester an einer Uni in Japan zur Verbesserung meiner Sprachkompetenz—kein nennenswerter Bezug zu meinem Studienfach. Voraussetzung für die Anrechnung etwaiger Aufwendungen als Werbungskosten ist hier, dass meine Japanischkenntnisse notwendig für meine derzeitige Tätigkeit sind.

Entsprechend ergab sich Anlage 6 im Begleitschreiben meiner ersten Einkommensteuererklärung: „A6 Darlegung der beruflichen Notwendigkeit von Japanischkenntnissen“, aufgeteilt in A6.1 bis A6.9. Hier die kommentierte Kurzfassung:

  • Japanisch bereits Teil der Erstausbildung (B. Sc.)
    Während meines Bachelor-Studiums hatte ich drei Japanischkurse gemacht. Im Internet liest man, dass Gebühren für Sprach-Grundkurse i.d.R. nicht als Werbungskosten anerkannt werden. Außerdem sei es vorteilhaft für die Anrechenbarkeit von Kosten für die Verbesserung von Sprachkompetenzen, wenn entsprechende Grundkurse Teil der Erstausbildung (in meinem Fall das Bachelor-Studium) waren. check ✔
  • Verfolgung kontinuierlicher Verbesserung der Sprachkompetenz
    Während des Auslandsjahres hatte ich sukzessiv höhere Sprachkurse an der Uni belegt, und über den Verlauf des gesamten Master-Studiums nach und nach höhere Sprachzertifikate gemacht (JLPT N2 → JLPT N1 → Kanji-Kentei 5 und 4).
  • Spezialisierung der Sprachkompetenz für die Anwendung in der Informatik
    An der japanischen Uni (erster Auslandsaufenthalt) gab es zwar keine Informatik-Fakultät oder -Vorlesungen, aber immerhin ein Seminar zum Thema Programmierung und Computerspieleentwicklung, um interessierte BWL’er dort etwas mit der Thematik vertraut zu machen. Wie ich den leitenden Prof. kennengelernt habe weiß ich nicht mehr, aber in meinem zweiten Semester konnte ich eine der Seminargruppen betreuen, wofür mir dann sogar eine Bescheinigung ausgestellt wurde. :)
  • Japanischkompetenz notwendig für Forschungspraktikum
    Wärhrend des zweiten Auslandsaufenthalts (NII) fand die Forschungsgruppen-interne Kommunikation in der großen Runde zwar zwangsweise auf Englisch statt, mein Hauptprojekt—an dem neben dem Prof. und mir noch ein externer Partner beteiligt war—lief allerdings auf Japanisch (E-Mails, gelegentliche Meetings, etc.). Da im Verlauf des Projekts auch ein auf Japanisch verfasstes Paper entstand (geschrieben von dem Prof. aber natürlich gegengelesen, kommentiert und diskutiert von allen Beteiligten) hatte ich hier neben einer „Dokumentation von E-Mails“ sogar ein publiziertes Paper, auf das ich verweisen konnte.
  • Japanischkenntnisse zur Sicherung von Fördergeldern
    (Kontext-Wechsel: derzeitige Anstellung als Doktorand.) In einem Antrag auf DAAD-Projektfördermittel seitens meines PostDoc-Betreuers ist die Beteiligung meinerseits am Projekt u.A. explizit durch meine Japanischkenntnisse begründet. Da die Förderung genehmigt wurde konnte ich hiermit ein gutes Argument anführen, auch wenn natürlich nicht mit Sicherheit gesagt werden kann, ob der Aspekt beim DAAD-Entscheidungsprozess eine Rolle gespielt hat.

Bei den Steuererklärungen für die Folgejahre habe ich die Begründung dann nicht jedes mal erneut angehängt. Nur noch Belege wenn nötig (ab 2017 nur noch bei Nachfrage seitens des Finanzamts erforderlich).

Ergebnis: wurde alles so berechnet wie von mir angegeben. :)
Wer also (1) während der Erstausbildung schon Grundkenntnisse erwirbt, (2) über den Verlauf einer weiteren Ausbildung am Ball bleibt/seine Sprachkompetenz spezialisiert, und (3) in seiner derzeitigen Beschäftigung guten Nutzen daraus zieht, für den stehen die Chancen wohl gut, Ausgaben für den Spracherwerb als Werbungskosten anrechnen lassen zu können.

Fazit / zl;ng: Steuererklärung kann man selbst machen. (:

Vielleicht landen die richtigen Worte aus dem Beitrag ja an den richtigen Stellen in den Suchmaschinenindizes und irgendjemand kann etwas Hilfreiches hieraus mitnehmen. お役に立っていれば何よりです。( • ᴗ • )

2020-07-25